Protokoll 3. Schwabentreff in Nürtingen 19.07.14
Ausrichter: Gastgeber: Klaus Sames, Johan Homburg
Ort: Bestattungshaus Riempp, Nürtingerstr. 79, Nürtingen-Neckarhausen
Anwesend: Karen Conrad, Mathias Hirsch, Johan Homburg, Dirk Nemitz,
Klaus Sames, Michael Saxer, Frank Seifert, Uli Stermann, Michael Wagner
Protokoll: Frank Seifert
Zeit: 11:00- 17:00 Uhr
Ablauf und Programm:
1.) Klaus Sames
A) Begrüßung der Gäste und anwesenden „Schwaben“
B) Einführung in die Aktivitäten im Schwabenraum
Ausgangspunkt und Rahmen ist das Ulmer Projekt, in welchem Klaus Sames
und Michael Saxer ehrenamtlich beteiligt sind. Die DGAB Sektion
für die Optimierung der Kryopräservierung (S-OK) fördert
das Ulmer Projekt. Der S-OK Vorsitzende Dirk Nemitz sowie Klaus S. sind
als Vorstandsmitglieder der S-OK anwesend. Die Sektion hat u.a. die
Aufgabe, die verschiedenen Gruppen und Aktivitäten zu bewerten und
zu koordinieren.
Michael Saxer ist aktives Mitglied im Ulmer Projekt und
beispielsweise in die Herstellung der Vitrifikationslösung
VM1 involviert, welche für Versuche oder Kryonik-Notfälle zur
Verfügung steht.
Michael Wagner wird mit der zukünftigen Organisation der
Schwabentreffen betraut sein, die als Regionaltreffen völlig
unabhängig stattfinden, aber über kurze Wege mit dem Ulmer
Projekt in Kontakt stehen.
C) Arbeit mit Thanatopraktikern
Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine kryonische
Erstversorgung am besten mit Thanatopraktikern realisierbar ist. Diese
sind in Anatomie, Sektion und Perfusion ausgebildet sowie bestens in
nahezu allen nötigen Handgriffen und Techniker der kryonischen
Versorgung geschult, und können nach zusätzlicher
Kryonik-Schulung durch das Ulmer Projekt insbesondere die Perfusion und
Vitrifizierung übernehmen. Der Gastgeber Johan Homburg ist
Spitzenfunktionär des deutschen Thanatopraktiker Verbands und
konnte für die Kooperation mit dem Projekt gewonnen werden. Durch
seine weitreichenden Kontakte stehen außerdem 10 – 20
weitere Thanatopraktiker über Deutschland verteilt zur Mitarbeit
bereit. Langfristig kann so ein ausreichend dichtes Netz aus
potentiellen Kryonik-Versorgern aufgebaut werden. Diese Seite bildet in
Zukunft hoffentlich einen kommerziellen Flügel des Projekts.
D) Deutschlandweite kryonische Erstversorgung
Das Ulmer Projekt bleibt die zentrale, gut ausgerüstete
Perfusionseinheit. Noch zu klären ist, ob auch alle für die
Perfusion benötigten Geräte von den Thanatopraktikern, die
eine kryonische Versorgung anbieten, gestellt werden, was nicht sofort
notwendig ist. Alternativ könnten diese möglicherweise
später auch von der DGAB gestellt werden und die
Verfügbarkeit (in kleinerer Stückzahl) zentral verwaltet
werden. Langfristig gibt es die Möglichkeiten, den Patienten auf
Wassereis zu den lokale Perfusionseinheiten (etwa bei den
Thanatopraktikern) zu transportieren, oder eine mobile
Perfusionseinheit etwa in einem Krankenwagen (wie in England) zum
Patienten kommen zu lassen, was mit einem teuer ausgerüsteten
Stand-by-Team, dessen Mitglieder über entsprechend viel Zeit
verfügen, durchaus Sinn macht.
2.) Vortrag Johan Homburg
A) Netzwerk
Thanatopraktiker benötigen ähnliche Kenntnisse und
Fähigkeiten, wie sie für die kryonische Erstversorgung
nötig sind. Johan hat sehr gut Kontakte und Beziehungen zu
Thanatopraktikern in ganz Detschland. Er konnte in Gesprächen
schon 11 Kollegen gewinnen, die bereit sind mit Kryonikern zusammen zu
arbeiten, sich ausbilden zu lassen und tendenziell eine komplette
kryonische Versorgung anzubieten. Er schätzt, dass diese Zahl noch
auf ca. 20 ansteigen könnte und zeigt eine Deutschlandkarte mit
den genauen Standorten der Kollegen.
B) Praktische Versuche / Training
Die Gemeinschaft ist offen und es besteht z.B. die
Möglichkeit, in Brüssel einen Körper für Versuche
der Perfusion zu bekommen, um die grundlegenden Hangriffe der
Versorgung etwa auf dem Niveau von CI zu erlernen und im Umgang mit
Kühlung und gekühltem VM1 erst einmal die heute gängige
Routine zu erwerben. Grundsätzlich könnte man (an weiteren
Körpern) in weiterführenden Versuchen etwa feststellen,
welcher Druck und welche Konzentration von DMSO zur Perfusion geeignet
ist und ob alle Stellen des Körpers ausreichend perfundiert
werden. Das allerdings erfordert ein hochorganisiertes
wissenschaftliches Projekt mit straffer Planung und Leitung.
Das langfristige Ziel ist es, einen gleichmäßig hohen Stand
aller Abläufe der kryonischen Erstversorgung unter allen
beteiligten Thanatologen zu erreichen. Dazu könnten etwa Trainings
durchgeführt werden, wobei die DGAB ein entsprechendes Zertifikat
ausstellen könnte, welches von der S-OK in den nächsten etwa
18 Monaten mit allen Anforderungen formuliert wird.
C) Organisatorisches
Johan informiert über einige organisatorische Formalitäten,
die schon bezüglich einer Versorgung in Erfahrung gebracht werden
konnten. Für die Erledigung von Formalitäten des Transports
des perfundierten Patienten scheint das Konsulat in München
geeignet zu sein, da die Mitarbeiter dort dem kryonischen Anliegen sehr
offen und hilfsbereit gegenüber traten.
Es ist nötig, Todesurkunde, Leichenpass und Reisepass des
verstorbenen im Original vorzulegen. Konsulatskosten betragen
voraussichtlich 40 Euro. Außerdem ist eine ärztiche
Infektionsbescheinigung der Leiche (Patienten) nötig. Der Zoll
schaut dann alles an und gibt sein Okay. Dafür kann man ca. 180
Euro rechnen. Für den Überflug im Frachtraum oder
Frachtflieger werden pauschal etwa 20 Euro pro kg angesetzt. Der
Transportbehälter könnte so aussehen: Der Körper liegt
in einem luftdicht verlöteten Innenteil mit Kohlefilter umgeben
von einem etwa 60 Kg enthaltenden Trockeneispack, der nach außen
von Isoliermaterial nicht luftdicht umschlossen wird, zusammengehalten
von einer äußeren, verstärkten Holzkiste.
Im Idealfall sollte jeder Kryoniker eine Tankstelle in der
Nähe kennen, die rund um die Uhr 60 Kg Würfeleis zu
Verfügung hat. Das Ulmer Projekt hat bereits einmal Eis für
eine Übung auf diesem Weg geordert. Ansonsten kann der im Notfall
gerufene Thanatopraktiker auch solches mitbringen. Das müsste man
ggf. auch durch einen kryonischen Einsatzplan garantieren. Die
Perfusion sollte am besten mit Toraxeröffnung durchgeführt
werden, da so alle vier Hirnarterien problemlos erreichbar sind und mit
ca. 1,5 bar (genau 1120 mmHg) ablaufen, damit das Endothel der
Blutgefäße nicht geschädigt wird. Die
„embalmer“ des zentralen Projekts sollten bei CI oder Alcor
bekannt sein, um einfachen Kontakt herstellen zu können.
D) Vorstellung eines Angebotes
Johan Homburg hat ein komplettes und umfangeiches Angebot für
Kryoniker zusammengestellt, welches die Erstversorgung, Perfusion sowie
sämtliche Transportvorgänge, Formalitäten und den
Überflug in die USA mit Transportsarg in Trockeneis enthält.
Der Gesamtpreis bewegt sich dabei je nach Bedingungen noch im
vierstelligen Bereich. Das ist nicht viel mehr, als eine normale
Erdbestattung kosten kann; und er ist bereit, dies als
„kryonische Bestattung“ in sein offizielles Angebot neben
den sonst üblichen Bestattungsformen aufzunehmen. Es ist die Idee,
dass weitere Thanatopraktiker im Netzwerk dies mittelfristig ebenfalls
anbieten. Das hat es so bisher noch nicht gegeben und wir können
dies als kleinen Durchbruch ansehen, auch was die Sichtbarkeit und
Wahrnehmung der Kryonik in der Öffentlichkeit angeht. Eine
Realisierung der kryonischen Versorgung auf diesem Wege bietet daher
die Möglichkeit einer weiteren Integration der kryonischen Idee in
die Gesellschaft.
E) Perfusionskreislauf
Nach dem Mittagessen stellen Johan und Klaus noch den
Perfusionskreislauf vor. Dieser ist im Bestattungshaus Riempp aufgebaut
und wird mit zwei Pumpen einer Herz-Lungenmaschine betrieben.
Insgesamt besteht das Ulmer Kompetenzteam, welches derzeit die
Perfusion beherrscht, aus fünf Leuten (Kardiotechniker oder
Perfusionist mit täglicher Übung in Perfusion, drei
Balsamierern, die bereits bei der Ausbildung in Amerika an 70 bis 100
Leichen ausgebildet wurden, und einem ärztlich approbierten
Anatomen mit jahrelanger Sektionserfahrung). Die Kompetenz dieses Teams
ist damit internationale Spitze (nur von Alcor übertroffen).
Leider hat es noch zu wenig Einsatzerfahrung, sollte aber imstande
sein, Notfälle zu meistern. Der Perfusionskreislauf wurde bereits
mit einer Schweinelunge getestet.
F) Ausblick
Es ist das klare langfristige Ziel, alle Thanatopraktiker im Netzwerk
gleichermaßen in den Abläufen und in der Perfusion zu
trainieren, um so einen konstanten, hohen Stand zu erreichen. Durch
klare, fest trainierte Abläufe kann auf Dauer eine
flächendeckend hohe Qualität der kryonischen Versorgung
gewärleistet werden. Der DGAB und der Sektion kann dabei die
unterstützende Aufgabe zukommen, die Ausrüstung und Standards
der Perfusion auf dem neuesten Stand zu halten und eventuell die
Perfusionslösung VM1 bereit zu stellen. Langfristig ist aber auch
eine Beauftragung eines Labors mit der Herstellung von VM1 zu
überlegen. Dies können dann gleich die Balsamierer
vorrätig haben und müsste nicht mehr über die DGAB
vermittelt werden.
Ein noch ausstehendes Unterfangen ist die Herstellung und Optimierung
eines geeigneten Transportbehälters (Sargs) zur
Überführung auf Trockeneis. Insbesondere sollte die
Isolierung und Haltbarkeit des Trockeneises von 2-3 Tagen getestet
werden. Es ist geplant, dies in Kooperation des Ulmer Projektes
durchzuführen.
17:00 Ende und Verabschiedung.